Und ewig lockt der Schweinehund 7. April

Und ewig lockt der Schweinehund
7. April

Es ist 1 Uhr morgens als ich wieder zu Hause ankomme. Den Abend vorher hat mein ältester Cousin uns zum Essen eingeladen, um seinen Geburtstag zu feiern. Er hat mich extra gebeten dazu zu kommen. Die Bitte habe ich ihm nicht ausgeschlagen. Es hat gut getan.
Wir haben etwas in Erinnerungen geschwelgt. Mir sind den ganzen Tag so ein paar Eigenarten die mein Papa so hatte aufgefallen.
Seine Vorlieben Sachen mit Isolierband zu reparieren. Und das ich nicht verleugnen kann die Tochter meines Vaters zu sein. Vom Charakter und vom Aussehen bin ich ihm am ähnlichsten. Das hat oft genug meine Mutter zur Weißglut gebracht.
Morgens stehe ich auf. Die geplante Fahrt ist abgesagt. Nicht so schlimm. Ich nutze die Zeit um zur Ruhe zu kommen. Tinka ist auch froh das ich wieder da bin sie weicht mir nicht von der Seite.
Ein Freund hat mir über WhatsApp ein Video von Schandmaul geschickt. Mit einem wahnsinnig schönen Text. Beim Ansehen kommen mir die Tränen. Als Tinka das bemerkt versucht sie mich zu umarmen. Sie klettert auf meine Brust, legt ihren Kopf ganz nah an meinen Hals und schnurrt. Lässt sich auch nicht von abhalten. Erst als sie merkt das ich ruhiger werde.

Wenn ich das alles jetzt mit etwas Abstand sehe, erschließt sich so einiges.
Als mein Vater vor Jahren das erste mal Krebs hatte. War ich komplett überfordert. Hab nicht gewusst was ich tun sollte. Aus Angst bin ich weggelaufen.
 Der Gedanke einen Menschen leiden zu sehen den ich Liebe ist unerträglich für mich. Auch heute noch.
Jetzt sehe ich das so. Oft wirke ich gefühlskalt. Doch das bin ich nicht. Ich ziehe mich zurück und mache das mit mir aus. Weil ich nicht noch den jenigen belasten will.
Das mit dem weglaufen habe ich ganz oft gemacht. Damals bei meiner Oma und auch bei meiner Tante. Beide hatten auch Krebs. Es war unerträglich für mich sie Leiden zu sehen.
2017 wurde bei mir Brustkrebs festgestellt. Es war vorbei mit der Flucht. Jetzt war dieser Tumor in meiner Brust. Egal wohin ich weglaufen würde der Krebs bleibt. Ich war gezwungen mich dem allen zu stellen. Alleine. Weil ich das alles keinem zumuten wollte. Zum Glück gab es Menschen die das einfach ignoriert haben. Mit einem großen Teil dieser Menschen arbeite ich tagtäglich zusammen.
Der Krebs hat mir geholfen die andere Seite zu sehen. Ich habe gelernt das Leben von einen anderen Seite zu sehen. Es gibt keinen Zufall. Alles hat einen Grund.
Mit dieser neuen Einstellung habe ich es geschafft mich von meinem Onkel zu verabschieden. Vielleicht weil ich genug gelitten hatte. Es gibt nichts mehr was diesen Schmerz übertreffen kann. Auch offen zu zugeben daß ich vor Jahren einfach überfordert war.
Ich bin gewachsen an meiner Krebserkrankung. Habe gelernt mich meinen Ängsten zu stellen. Habe Freunde gefunden mit denen ich offen reden kann. Mir einen persönlichen Traum erfüllt mit dem Schreiben.
Als jetzt bei meinem Vater wieder Krebs diagnostiziert wurde. War ich geschockt. Meine größte Angst war es das der Weg zu lange wird. Ich war erschrocken meinen Vater so zu sehen. Um so mehr habe ich gehofft das es nicht so lange dauern wird.
Als dann er Anruf meiner Mutter kam habe ich nicht gezögert. Bin hin gefahren und habe einfach getan was nötig war.
Mich zu ihm gesetzt und seine Hand gestreichelt. Ich war ganz froh auch in der letzten halben Stunde bei ihm und meiner Mutter gewesen zu sein. In diesem Moment habe ich nicht an mich gedacht. Sondern nur daran wie wichtig es ist in diesem Moment nicht alleine zu sein.
Auch dann im Anschluss ihn aufzubahren. Zusehen wie der Körper sich von dem Kampf erholt und sich entspannt.
Das alles hat gut getan. So komisch es klingen mag.

Ich bin stärker als ich dachte.
Ich bin mutiger als ich dachte.
Ich habe mehr Kraft als ich dachte.

In diesem Sinn bis morgen.

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